Der Artikel beleuchtet die Unterschiede zwischen RISC-V und ARM, vergleicht ihre Architektur, Leistung und Ökosysteme und wagt einen Ausblick auf die Zukunft der Prozessoren. Er zeigt, warum RISC-V als offene Alternative zunehmend an Bedeutung gewinnt und welche Rolle ARM weiterhin im Markt spielt. Abschließend werden die Marktperspektiven beider Architekturen bis 2030 analysiert.
Die RISC-V Architektur sorgt aktuell für eine stille, aber weitreichende Revolution in der Prozessorwelt. Bis vor Kurzem dominierten x86-Lösungen von Intel und AMD den Markt, während ARM hauptsächlich in Smartphones, Notebooks und Embedded-Systemen zu finden war. Doch nun tritt mit RISC-V ein neuer Herausforderer auf den Plan: eine offene, lizenzfreie Architektur, die die Spielregeln der Chipindustrie grundlegend verändern könnte.
Die ARM-Architektur (Advanced RISC Machine) entstand bereits Ende der 1980er Jahre und gilt als eines der erfolgreichsten Beispiele für das Prinzip Reduced Instruction Set Computing (RISC). Im Gegensatz zu klassischen x86-Prozessoren mit komplexen Befehlssätzen setzt ARM auf Minimalismus: weniger Transistoren, geringerer Energieverbrauch und eine hohe Leistung pro Watt. Das machte ARM zum Fundament mobiler und eingebetteter Systeme.
ARM Holdings selbst produziert keine Prozessoren, sondern entwickelt die Architektur und lizenziert sie an andere Hersteller. So entstand ein breites Ökosystem: Qualcomm Snapdragon, Samsung Exynos, MediaTek Dimensity und Apples M-Serie bauen alle auf ARM-Kernen auf und erweitern diese mit eigenen Optimierungen.
Mit dem technologischen Fortschritt hat ARM den Sprung aus dem Smartphone-Segment geschafft. Heute findet man ARM-Prozessoren zunehmend in Notebooks und Servern - Bereiche, die einst von Intel und AMD dominiert wurden. Besonders eindrucksvoll zeigte dies Apples M1-M4 Prozessoren, die bewiesen, dass ARM nicht nur effizient, sondern auch leistungsstark sein kann.
Ein weiterer Vorteil von ARM ist die hohe Skalierbarkeit: Die Prozessor-Kerne lassen sich in Clustern kombinieren, spezifischen Aufgaben anpassen und sogar für High-Performance-Computing optimieren. Allerdings bleibt ARM eine lizenzierte Technologie - jeder Hersteller muss für die Nutzung zahlen, was unabhängige Innovationen und Start-ups ausbremst.
RISC-V (gesprochen: Risk Five) ist eine offene Prozessorarchitektur, die 2010 an der University of California, Berkeley entwickelt wurde. Die Idee dahinter ist revolutionär: Einen kostenlosen, vollständig offenen Standard zu schaffen, den jeder Entwickler für eigene Chips nutzen kann - ohne Patente, Lizenzkosten oder rechtliche Hürden.
Im Gegensatz zum Lizenzmodell von ARM gehört RISC-V der gesamten Community. Unternehmen, Universitäten oder sogar Einzelentwickler können eigene Prozessoren entwickeln, die auf individuelle Anforderungen zugeschnitten sind - von Mikrocontrollern und IoT-Geräten bis hin zu leistungsstarken Server-Systemen. Das erinnert an die Philosophie von Open-Source-Software, nun angewandt auf Hardware.
Das herausragende Merkmal von RISC-V ist die Modularität: Der Basissatz an Instruktionen ist minimal und für alle gleich, während optionale Erweiterungen - etwa für Vektorrechnung, Kryptografie oder Machine Learning - flexibel hinzugefügt werden können. So lässt sich sowohl ein stromsparender Chip für Smartwatches als auch ein Hochleistungsprozessor für Rechenzentren entwickeln.
Unternehmen wie SiFive, Alibaba T-Head, StarFive, NVIDIA und Western Digital setzen bereits intensiv auf RISC-V. Auch viele Staaten - darunter China und Indien - sehen in RISC-V eine Möglichkeit, sich von westlichen Lizenzmodellen unabhängig zu machen.
Dank seiner Offenheit ist RISC-V zu einem Innovationsmotor geworden. Mehr dazu lesen Sie in unserem Beitrag RISC-V - Die Zukunft der Prozessoren: Offen, flexibel und revolutionär.
Trotz ähnlicher RISC-Prinzipien unterscheiden sich ARM und RISC-V in Philosophie, Ökosystem und Reifegrad erheblich. ARM ist eine ausgereifte Lösung mit jahrzehntelanger Optimierung und wird von den größten Elektronikherstellern unterstützt. RISC-V hingegen bietet Flexibilität und wächst rasant, hat aber das kommerzielle Reifestadium von ARM noch nicht erreicht.
ARM-Prozessoren glänzen durch hohe Effizienz pro Watt und stabile Performance, dank der optimierten Designs von ARM Holdings und ihren Partnern. RISC-V hinkt bei Spitzenwerten noch hinterher, da viele Implementierungen auf Mikrocontroller und Embedded-Anwendungen abzielen. Doch mit der Entwicklung von 64-Bit- und Vektorkernen kann RISC-V zunehmend in Bereichen wie Machine Learning, Server-Computing und Multimedia-Anwendungen mithalten.
ARM verfügt über ein riesiges Ökosystem: Compiler, Treiber, SDKs, Betriebssysteme und Millionen von Bibliotheken. Kein Wunder, dass ARM-Chips heute in Notebooks, Tablets und Smartphones dominieren. Wer mehr zur praktischen Nutzung erfahren möchte, findet Details im Artikel ARM-Laptops 2025: Warum sie x86-Prozessoren ablösen.
RISC-V hingegen befindet sich noch im Aufbau seines Ökosystems. Linux, Android und gängige Distributionen werden bereits unterstützt, aber viele Entwicklungstools stecken noch in der Wachstumsphase. Dennoch zieht die offene Architektur Entwickler weltweit an, fördert Innovationen und beschleunigt die Adaption.
Der größte Vorteil von RISC-V ist das Fehlen von Lizenzhürden. Hersteller können Chips ohne Gebühren und Restriktionen entwickeln, was besonders für Unternehmen und Länder attraktiv ist, die technologische Souveränität anstreben. ARM bleibt eine geschlossene, von einem Unternehmen kontrollierte Architektur - ein möglicher Schwachpunkt im Zeitalter von Open Hardware.
ARM wird in den kommenden Jahren voraussichtlich seine Führungsrolle im Consumer-Bereich behaupten - gestützt durch den Erfolg im Mobil- und Notebook-Segment. Doch RISC-V holt schnell auf: Experten erwarten, dass die Architektur bis zum Ende des Jahrzehnts signifikante Anteile in IoT, Automotive und Servern gewinnen könnte.
Im Wettstreit zwischen ARM und RISC-V gibt es keine einfache Antwort, denn es geht nicht nur um Technologien, sondern auch um Entwicklungsphilosophien. ARM steht für Stabilität, Zuverlässigkeit und ein gewaltiges Ökosystem. Diese Architektur ist der Industriestandard für Smartphones, Notebooks und zunehmend auch für Server.
RISC-V hingegen verkörpert die Idee einer offenen Zukunft: Freiheit von Patenten, individuelle Lösungen ohne Einschränkungen und eine dynamische Entwicklungsgeschwindigkeit. Die Zahl der unterstützenden Unternehmen wächst stetig, und immer neue Kerne, Tools und Hardware erscheinen auf dem Markt.
Bis 2030 dürfte ARM seine Dominanz im Massenmarkt wahren, vor allem bei Mobil- und Hybridgeräten. RISC-V wird jedoch strategisch wichtige Nischen besetzen: Mikrocontroller, Embedded-Systeme, smarte Devices, industrielle Steuerungen und wahrscheinlich auch Teile des Server- und Notebook-Markts. Besonders in Ländern, die technologische Unabhängigkeit von westlichen Lizenzen anstreben, wird das Wachstum rasant sein.
Fazit: Einen klassischen Sieger wird es nicht geben. Vielmehr beginnen wir das Zeitalter der architektonischen Vielfalt, in dem ARM und RISC-V parallel existieren und sich gegenseitig beflügeln. ARM steht für Reife und Massenmarkt, RISC-V für Innovation und Freiheit - und gerade ihre Koexistenz wird die nächste technologische Revolution antreiben.